Mineralwasser: Vom Wert des Wassers

Mineralwasser: Vom Wert des Wassers
Mineralwasser: Vom Wert des Wassers
 
Heilwasser, Mineralwasser, Sprudel, Tafelwasser, Trinkwasser, Leitungswasser. .. Für einen uninformierten Verbraucher könnte angesichts der Vielzahl von Bezeichnungen und der häufig ausgeprägten Preisunterschiede der Verdacht aufkommen, dass hier in einigen Fällen mit einem eigentlich wohlfeilen Lebensmittel Wucher betrieben wird, zumal geschmackliche Kriterien zur Beurteilung kaum taugen. Dies ist schon daran zu erkennen, dass frisches Leitungswasser in der Regel angenehmer schmeckt als lauwarm serviertes »natürliches Heilwasser«. Was also steckt hinter diesen Benennungen und welchen gesundheitlichen Wert kann man den verschiedenen Wässern beimessen?
 
 Nomenklatur der Wässer
 
Es gibt allein in Deutschland mehr als 350 Mineralwässer und etwa 65 Heilwässer, die sich bereits durch ihre Artikelnummer im Handel unterscheiden. Darüber hinaus existieren noch unzählige Tafelwässer.
 
Als Mineralwasser bezeichnet man Wasser, das pro Liter mindestens ein Gramm gelöste Mineralsalze enthält. Zu diesen gehören vor allem die Carbonate, Sulfate und Chloride von Calcium, Magnesium, Kalium und Natrium. Kommt mindestens einem Bestandteil therapeutische oder pharmakologische Bedeutung zu, wie es bei den Elementen Eisen, Iod, Schwefel und Radium der Fall ist, so genügt auch eine geringere darin gelöste Stoffmenge. Mineralwasser kann zugesetzte oder natürliche Kohlensäure enthalten. Letzteres nennt man einen Säuerling. Je nach ihren charakteristischen Inhaltsstoffen spricht man auch von Eisenwasser, Schwefelwasser (enthält Schwefelwasserstoff oder Sulfide) und Bitterwasser (Magnesiumsalze). Sole ist stark kochsalz-(natriumchlorid-)haltiges Wasser.
 
Auch ein künstlich mit Mineralsalzen und/oder Kohlendioxid versetztes Wasser ist ein Mineralwasser. Es darf jedoch nicht als natürliches Mineralwasser bezeichnet werden.
 
Sämtliche zum menschlichen Genuss vorgesehenen Wässer müssen den Anforderungen der Trinkwasserverordnung vom 5. Dezember 1990 und der DIN 2000 und 2001 genügen, das heißt, sie müssen gesundheitlich unschädlich, also frei von Verunreinigungen und schädlichen Beimischungen in toxikologischer und mikrobieller Hinsicht, sowie klar farblos, geschmacks- und geruchsneutral sein. Der Geschmack von Trinkwasser ist allerdings ein Faktor, der stark von seinem Mineral- und Säuregehalt, aber auch von der Temperatur (optimal: 7—12 ºC) abhängt. Bei manchen Heilwässern sind in Bezug auf Farbe, Geruch und Geschmack gewisse Abstriche möglich. Die Handelsbezeichnungen der verschiedenen Wässer sind in der Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTV) vom 1. August 1984 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 5. Dezember 1990 geregelt. Heilwässer sind von dieser Verordnung ausgenommen.
 
 Verschiedene Güteklassen
 
Natürliches Mineralwasser muss aus einem unterirdischen Wasservorkommen stammen und von »ursprünglicher Reinheit« sein. Es dürfen also keine zusätzlichen Reinigungsschritte erforderlich sein, um seine Trinkbarkeit herzustellen. Zulässig ist allerdings der Entzug von Eisen und Schwefel, der aus optischen und geschmacklichen Gründen erforderlich sein kann. Eine Abfüllung direkt an der Quelle ist vorgeschrieben. Natürliches Mineralwasser muss aufgrund seiner Inhaltsstoffe eine ernährungsphysiologische Wirkung haben. Der Gehalt an diesen Stoffen wird von einem gemäß DIN 45 001 staatlich anerkannten Analyselabor regelmäßig überprüft.
 
Sprudel bedeutete ursprünglich ein natürliches Mineralwasser, das aus einer Quelle heraussprudelt und dabei einen relativ hohen natürlichen Gehalt an Kohlensäure besitzt, also ein Säuerling ist. Die Bezeichnung wurde inzwischen auch auf natürliche Mineralwässer erweitert, die bei ihrer Abfüllung mit Kohlensäure versetzt werden.
 
Natürliches Heilwasser entspricht dem natürlichen Mineralwasser im Hinblick auf seine unterirdische Herkunft und Reinheit und muss direkt an der Quelle abgefüllt werden. Es enthält Mineralien und Spurenelemente in einer Zusammensetzung, die dem Wasser eine heilende, lindernde und Krankheit vorbeugende Wirkung verleihen. Diese ist wissenschaftlich nachgewiesen und wird durch die amtliche Zulassung bestätigt. Natürliche Mineral- und Heilwässer sind somit die einzigen deutschen Lebensmittel, die einer amtlichen Anerkennung bedürfen.
 
Quellwasser stammt ebenfalls aus unter der Erde gelegenen Vorkommen. Es muss jedoch keine besondere ernährungsphysiologische Wirkung besitzen und bedarf keiner amtlichen Anerkennung. Anders als der Name vermuten lässt, muss es nicht an der Quelle abgefüllt werden. Ein Quellwasser darf daher in seinem Namen weder den Begriff natürlich enthalten, noch einen Brunnen- oder Quellnamen tragen.
 
Tafelwasser ist kein natürliches Mineralwasser. Es darf eine Mischung verschiedener Wasserarten sein und kann an einem beliebigen Ort abgefüllt werden. Eine ernährungsphysiologische Wirkung oder amtliche Anerkennung ist nicht erforderlich. Wie auch bei Quellwasser ist hier eine Etikettierung als natürlich nicht erlaubt, und die Angabe einer Quelle oder eines Brunnens ist nicht zulässig.
 
Leitungswasser ist nicht näher bezeichnetes Trinkwasser und wird auch durch Zusatz von Kohlensäure nicht zu Sprudel, selbst wenn diese Bezeichnung im täglichen Sprachgebrauch üblich ist. Im Sinn der MTV stellt eine solche Zubereitung ein Tafelwasser dar.
 
 Wirkstoffe in Mineral- und Heilwässern
 
Ein erwachsener Mensch muss zur Vermeidung gesundheitlicher Probleme — abhängig vom Wetter und seiner körperlichen Belastung — täglich zwischen zwei und fünf Liter Wasser zu sich nehmen. Das Wasser dient der Ausschwemmung von schädlichen Stoffwechselprodukten. Dabei gehen dem Körper jedoch zwangsläufig auch wertvolle Mineralstoffe und Spurenelemente verloren. Das Trinkwasser kann, wie andere Lebensmittel auch, einen Beitrag dazu leisten, diese Substanzen wieder zuzuführen, und dies zudem in einer besonders leicht verwertbaren Form, nämlich in wässriger Lösung.
 
 Reinheit und Schadstoffe
 
Natürliche Mineral- und Heilwässer entstammen Wasservorkommen, die meist in 100 bis 800 Meter Tiefe unter der Erdoberfläche liegen. Solches Tiefenwasser entstand durch die allmähliche Versickerung von Oberflächenwasser, ein Vorgang, der einige Hundert Jahre dauern kann. Schwebstoffe, die das Oberflächenwasser enthält, werden schon in den oberen Erd- und Gesteinsschichten ausgefiltert, während zwischen den im Wasser gelösten Stoffen und den Mineralien des Untergrunds ein steter Austausch stattfindet. Je nach der mineralischen oder chemischen Zusammensetzung der Schichten ändert sich dabei der Gehalt des Wassers an Mineralsalzen. In einigen Gegenden wie der Eifel, dem Ober- und Mittelrheintal und der südwestdeutschen Schichtstufenlandschaft konnte das Tiefenwasser besonders viele Mineralstoffe aufnehmen, da diese dort infolge von erdgeschichtlich relativ spät aufgetretener vulkanischer Aktivität oder tektonischer Veränderungen (vor 200 bis 70 Millionen Jahren) in gut zugänglicher und relativ leicht löslicher Form vorliegen. Auf Vulkanismus ist auch das Auftreten von Schwefelwässern zurückzuführen.
 
Anthropogene, also aus menschlichen Aktivitäten resultierende Belastungen in Gestalt von Nitraten (Grenzwert im Trinkwasser: 50 mg/L), Schwermetallen (unterschiedliche Grenzwerte zwischen 1 μg/L und 1 mg/L), Pestiziden (max. 0,5 μg/L) und polyzyklischen Aromaten (max. 0,2 μg/L) finden sich inzwischen mancherorts auch schon in Tiefenwässern, wenn auch meist weit unter den zulässigen Trinkwassergrenzwerten.
 
 Klingende Münze
 
Das Vertrauen, das der deutsche Verbraucher den Mineralwasserfabrikanten entgegenbringt, scheint deutlich höher zu sein als das der Konsumenten im — vor allem englischsprachigen — Ausland. Anders ausgedrückt ist wohl hierzulande vielerorts das Misstrauen gegenüber schlichtem Leitungswasser größer als im Ausland, obwohl die Qualität des deutschen Leitungswassers keineswegs schlechter ist. Auch in der ehemaligen DDR betrug der Mineralwasserkonsum vor 1989 nur einen Bruchteil der damals in der Bundesrepublik getrunkenen Mengen. Inzwischen liegt der Mineralwasserabsatz in den neuen Bundesländern nur noch unwesentlich unter dem der alten. Gemessen am Pro-Kopf-Verbrauch gehören die Deutschen heute mit zur Spitzengruppe der Mineral- und Heilwassertrinker, übertroffen nur von den Schweizern, Belgiern und Italienern. Der gesunde, kalorienarme und alkoholfreie Schluck steht in Deutschland höher im Trend denn je: Er stieg von knapp vier Litern pro Kopf und Jahr (1950) auf 12,5 Liter (1970) und weiter auf fast 100 Liter bis zur Jahrtausendwende.
 
Die Preise von Heil-, Mineral-, Quell- und Tafelwasser differieren beträchtlich. Während man für einen Liter Heilwasser in Reformhäusern oft mehr als 2,— DM ausgeben muss, kostet das preisgünstigste Mineralwasser etwa 0,50 DM pro Liter. Die Preise für Mineralwasser liegen meist zwischen 0,60 und 1,20 DM pro Liter und unterscheiden sich damit nur unwesentlich von den Milchpreisen. Tafelwasser erscheint mit 0,90 DM pro Liter in Anbetracht seiner Herkunft überteuert. Das Konkurrenzprodukt der örtlichen Stadtwerke, dort als Frischwasser bezeichnet, schlägt, inklusive Entsorgung von Abwasser, mit nur circa 0,01 DM pro Liter zu Buche. Es unterliegt ebenfalls einer ständigen und mindestens ebenso strengen Kontrolle wie Mineralwasser. Mithilfe eines Sodawasserbereiters, eines Druckgefäßes, in dem das Wasser mit Kohlendioxid aus einer Vorratspatrone versetzt wird, lässt sich der Geschmack von »Frischwasser« auf einfache und preisgünstige Weise verbessern, sodass es von Sprudel kaum zu unterscheiden ist.
 
 
Walter Carlé: Die Mineral- und Thermalwässer von Mitteleuropa. Geologie, Chemismus, Genese. Stuttgart 1975.
 Karl-Ernst Quentin: Kommentar zur Mineral- und Tafelwasser-Verordnung (MTVO). Heidelberg 1988.
 Alfred Stollenwerk u. a.: Wasserwerk. Wissenswertes über: Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser, Heilwasser. Frankfurt am Main 1994.
 Maren Krüger und Elisabeth Dietz: Mineralwasser. Gesundheit aus der Flasche? Düsseldorf 51996.
 
Springs and bottled waters, herausgegeben von P. E. LaMoreaux u. a. Berlin 1996.
 Margit Bölts: Natürliches Mineralwasser, Quell- und Tafelwasser. Bonn 31997.
 Gert Michel: Mineral- und Thermalwässer - allgemeine Balneogeologie. Berlin 1997.
 Claus Arius: Mineralwasser. Der Guide zu 225 Marken aus aller Welt. München 31999.
 Klaus Kiefer: Mineralwässer. Der Beitrag deutscher Apotheker zur Erforschung von Mineralquellen und zur Herstellung künstlicher Mineralwässer. Eschborn 1999.
 Jean Pütz u. a.: Das Hobbythekbuch vom Trinken. Köln 1999.

Universal-Lexikon. 2012.

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